Lautsprecher Aufbau und Wirkungsweise.

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Die Seiten des Sammlers Rainer

Dem Radiomuseum Bocket wurde von einem Sammler aus dem Radio-Forum folgender Beitrag über Lautsprecher zur Verfügung gestellt.

Das © und die Bildrechte wurden ebenso dem Radiomuseum übertragen. Ich bedanke mich hier an dieser Stelle bei Rainer.

Liebe Leser und Besucher, ich hoffe dieser Beitrag ist für Sie etwas was es nicht alle Tage zu lesen gibt.

Bitte beachten Sie, es könnten sich eventuell einige Fehler bei Formelzeichen usw. eingeschlichen haben, sollten Sie hier etwas entdecken, so würde ich mich über einen Nachricht freuen.


2.0.0 Einleitung / Lautsprecher

Nachfolgende Informationen beschreiben Funktion und Anwendung von Lautsprechern mit einem Beispiel aus eigener Entwicklung.

Die Geschichte des Lautsprechers reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, als Thomas Alva Edison seinen Phonographen vorgestellt hat. Bereits 1860 wurde mit der Erfindung des Telefons zum ersten Mal ein elektrisches Hör- und Sprechgerät vorgeführt.

Ab den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden neben den bis dahin meist rein mechanischen Schallabstrahlern (Grammophon) erstmals elektrisch betriebene Systeme für „Gemeinschaftsempfang“ entwickelt. Damit begann der Siegeszug der elektrischen Lautsprecher, der bis zum heutigen Tag anhält. Der eigentliche Erfinder war Werner von Siemens, der bereits 1878 ein Patent für seinen elektrodynamischen Lautsprecher erhielt.

Für die exakte Dimensionierung schallabstrahlender Systeme fehlten aber bis 1951 die mathematischen Grundlagen. Das Schrifttum über die Ergebnisse dieser Entwicklungen hat im Laufe der Zeit einen bedeutenden Umfang angenommen. Es gibt unzählige Veröffentlichungen, zumeist in englischer Sprache, da die Entwickler der modernen mathematischen Abhandlungen diesem Sprachbereich angehörten.

In Deutschland hat man die Entwicklung zuerst regelrecht verschlafen. Erst mit dem Niedergang deutscher Nobelfirmen konnten sich kleinere Spezialfirmen erstmals durchsetzen und ihre Produkte anbieten. Damit war aber das klassische Radio tot.

Schnell nahmen die Preis- und Lieferangebote fernöstlicher Hersteller den europäischen und US-amerikanischen Spezialisten das Heft aus der Hand und es begann ein vorher nie erwarteter Niedergang der Lautsprecherbranche in Sachen Qualität.

Heute werden Lautsprecher aus Fernost mit 200 mW realer Leistung angeboten, die mit 800 Watt (PMPO) Ausgangsleistung und mehr zum Preis von 2,95 Euro das Stück angepriesen werden.

PMPO ist keine anerkannte Definition und völlig undefiniert und Geräte mit solchen „Kampfwerten“ werden von fernöstlichen Händlern und deren Handlangern auf der ganzen Welt skrupellos an den „gläubigen Verbraucher“ verramscht.

Diese Leistungsangaben werden ausschließlich bei sogenannten „ low end“ Geräten verwendet; der Kunde soll damit „hinter das Licht geführt“ werden. 3200 Watt PMPO klingt halt nach „mehr“ als 0,5 Watt …

Das Gebiet > Lautsprecher < ist so umfangreich, dass sich damit mehrere Bände füllen lassen. Nachfolgender Beitrag enthält deshalb viele Vereinfachungen und auch Auslassungen.

Mathematische Teile sind kursiv und fett gedruckt.

Praktiker, deren Interessensgebiet beim „Machen“ und nicht beim „Studieren“ liegt, können diese Teile überspringen. Ich hoffe damit, einem Großteil der Leser entgegen gekommen zu sein.

Der Beitrag besteht zuerst aus allgemeinen Fakten, beschreibt ein Selbstbauprojekt mit Beispielcharakter, gefolgt von den Grundlagen der Thiele-Small-Parameter und den zugehörigen Messmöglichkeiten und letztendlich Messungen an einem Radio von 1953.

2.1.0 Der Energiewandler

Lautsprecher sind verlustbehaftete Energiewandler und das letzte und schwächste Glied in der Kette einer Übertragungsanlage. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, elektrische Energie in Schallenergie umzuwandeln:

1. Das elektromotorische Prinzip (nach Siemens)

2. Das elektrostatische Prinzip

3. Schallerzeugung mit Hilfe von Hochfrequenz und einer Flamme und andere.

Die weiteste Verbreitung hat der elektrodynamische Lautsprecher erfahren; er funktioniert wie ein Elektromotor, die Schwingspule entspricht dem Läufer des Motors, die Membran der Last. Im Laufe der Entwicklung von Schallwandlern seit den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es u.a. folgende Entwicklungsstufen:

1. Der Freischwinger

2. Fremderregter dynamischer Lautsprecher

3. Eigenerregter (permanentmagnetischer) dynamischer Lautsprecher

Freischwinger wurden z.B. 1933 im Volksempfänger VE 301 und im „Deutschen Kleinempfänger“, DKE 38 (Göbbels-Schnauze), verwendet, sie haben heute keine Bedeutung mehr, weil die damit erzielbare Qualität und die maximale Lautstärke zu gering sind.

Aufwendigere Radioempfänger der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts verwendeten erstmals einen fremd erregten dynamischen Lautsprecher, wobei das erforderliche statische Magnetfeld von einem Elektromagneten erzeugt wurde, dessen Spule gleichzeitig als Siebdrossel der Anodenspannung diente.

Nach dem 2. Weltkrieg ging die Entwicklung leistungsfähiger Permanentmagnete rapide voran und man ersetzte den Elektromagneten durch einen Permanentmagneten (AlNiCo).

Bild 5 zeigt die Stromversorgung eines Einkreisempfängers von 1935 (Mende 151WL). Die Siebdrossel der Anodenspannung ist gleichzeitig die Magnetspule des Lautsprechers (s. Bild 2).

Solche Geräte verwendeten eine für normale Elektrolytkondensatoren zu hohe Gleichspannung. Die Sekundärspannung des Netztransformators betrug typisch ca. 320 Volt ˜, daraus ergibt sich eine Gleichspannung von 320 V * 1,41 = 451 Volt, solange die Endröhre während der Anheitz-Zeit noch anodenstromfrei ist.

Normale Elkos sind aber nur bis max. 385 Volt zugelassen. Während der Anheitz-Zeit besteht daher bei Verwendung solcher Elektrolytkondensatoren Explosionsgefahr ! Unbedingt darauf achten, dass solche Geräte bei der Restauration mit 500 V-Elektrolytkondensatoren bestückt werden!

2.1.1 Elektrostatischer Lautsprecher

Elektrostatische Lautsprecher wurden in den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts als „Format anhebende Hochtonlautsprecher“ eingesetzt. Das Prinzip beruht auf einem Kondensator, dessen flache „Membran“ bei Wechselspannung aufgrund elektrostatischer Kräfte in Schwingung versetzt wird. Der Wirkungsgrad derartiger Systeme ist extrem niedrig. Sie benötigen hohe Gleich- und Wechselspannungen und werden deshalb direkt an der/den Anode(n) der Endröhre(n) über RC-Hochpassfilter angeschlossen.


Die Membran des Elektrostaten ist eine zweiseitig isolierte, hauchdünne (versilberte) Metallfolie (z.B. Hart-Messing), das „Diaphragma“, das zwischen starren, gitterförmigen Elektroden, Statoren, gelagert (gespannt) ist.

Den Statoren wird das NF-Signal zugeführt, während das Diaphragma an einer hohen Gleichspannung angeschlossen ist (bis zu 5000 Volt). Der Aufbau ähnelt somit dem eines Kondensators.

Durch die hohe Wechselspannung an den Statoren entsteht ein „elektrostatischer Verschiebungsstrom“ und damit eine (elektrostatische) Kraft, die auf das Diaphragma einwirkt und es zum Schwingen im Rhythmus der niederfrequenten Spannung zwingt.

Der Innenwiderstand des Elektrostaten ist kapazitiv, was z.B. bei Halbleiterendstufen zu Problemen (Selbsterregung) führen kann, Röhrenendstufen haben damit keine Probleme.

Der Grund liegt in der Eigenschaft des Kondensators, bei jedem Spannungswechsel zunächst kurzfristig einen Kurzschluss zu bilden. Erst wenn er sich auf die Höhe der Spannung aufgeladen hat (Ladestrom, Zeitkonstante t), wird der Gleichstromwiderstand (theoretisch) unendlich groß.

Ist die angelegte Spannung eine Wechselspannung, Muss sich der Kondensator permanent im Rhythmus von deren Frequenz umladen, d.h. er wird auf-. ent- und umgeladen. Der dabei fließende Wechselstrom ist ein sogenannter „Blindstrom“ , die Ursache der Schall-Leistung deshalb eine „Blindleistung“.

Halbleiterendstufen sind heute immer gegengekoppelt, wobei die Gegenkopplung das Vielfache der Verstärkung bestimmt. Schließt man an einen solchen Verstärker eine Last mit kapazitivem Blindwiderstand an, wird die Gegenkopplung bei anliegender Wechselspannung zu jedem Zeitpunkt kurzfristig kurzgeschlossen, d.h. bei jeder Ausgangsspannungsänderung geht die Verstärkung kurzzeitig auf die sogenannte „Leerlaufverstärkung“ hoch.

Dadurch gerät die Halbleiterendstufe ins Schwingen (wie der Oszillator im Radio) und wird dabei u.U. sofort (wegen des „second breakdown“) zerstört (wenn keine Schutzschaltung vorhanden ist).

In den 70er Jahren haben die Japaner großflächige Elektrostaten entwickelt, die bis zu quadratmetergroße Flächen ausfüllten. Besonders kleine Heimorgeln wurden damit bestückt. Die NF-Endstufen waren immer Röhren-Gegentaktendstufen. Das System hat sich nicht durchsetzen können, weil Elektrostaten bei tiefen Frequenzen zum „klappern“ neigen.

Bild 8 zeigt die Ankopplung zweier Elektrostaten (Hochtöner) an eine Gegentaktendstufe des Körting 430 W (L1 und L2).

2.1.2 Der Lautsprecher mit Gasflamme

In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde ein Hochton-Lautsprecher hergestellt, dessen „Membran“ eine Gasflamme war. Aufgrund der extrem geringen Masse der Flamme war deren Nachgiebigkeit enorm groß, was sich als besonders günstig bei der Schallabstrahlung hoher Frequenzen heraus stellte. Man brauchte allerdings immer eine gefüllte Gasflasche zum Hören, was dem Begriff „Dampfradio“ eine besondere Bedeutung verlieh…

Durchgesetzt hat sich aber letztendlich nur der „eigenerregte dynamische Lautsprecher“.

2.2.0 Das Antriebssystem

Eigenerregte dynamische Lautsprecher, auch elektrodynamische Lautsprecher genannt, werden seit etwa Mitte der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts verwendet. Man unterscheidet heute:

1. Tieftonlautsprecher

2. Mitteltonlautsprecher

3. Hochtonlautsprecher

4. Breitbandlautsprecher

Tieftonlautsprecher dienen der Erzeugung von ausreichend Schalldruck niedriger Frequenzen zwischen etwa 30 Hz (mit Tricks auch ab 16 Hz s. 2.3.7) und 300 Hz (Bild 9). Die Rückstellkraft der Membran wird hierbei entweder ganz (geschlossenes Gehäuse) oder teilweise (Bassreflexgehäuse) von der umgebenden Luft gebildet.

Ab 300 Hz übernimmt ein Mitteltonlautsprecher die Schallabstrahlung bis etwa 4000 Hz (Bild 10).

Der Bereich oberhalb von 4000 Hz übernimmt ein Hochtonlautsprecher z.B. mit Gewebe- , Aluminium- oder Titankalotte (Bild 11)

Dies ist ein typisches Beispiel für die Bestückung eines sogenannten Dreiwege- Lautsprechers.

Radios der 40er bis 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts besaßen einen oder mehrere Breitband-Lautsprecher (Bild 12) und manchmal zusätzlich z.B. zwei (und mehr) Hochtöner (sog. 3D Systeme) (Bild 13). Auch heute werden noch Breitbandsysteme verwendet, z.B. als „Gitarrenlautsprecher“.

Der Antrieb dynamischer Lautsprecher besteht im wesentlichen aus folgenden Komponenten:

1. Magnet

2. Vordere Polplatte

3. Hintere Polplatte

4. Polkern

5. Schwingspule mit Membran

Zusätzlich sind noch die Membranaufhängung, eine Staubschutzkappe sowie ein magnetischer Luftspalt vorhanden (s. Bild 4).

Durch den Stromfluss in der Schwingspule entsteht eine mechanische Antriebskraft; die Energiewandlung von elektrischem Strom nach Schall erfolgt in 4 Schritten:

Elektrischer Strom => Magnetfeld => mechanische Membranbewegung => Schall

Membranen werden seit den 50er Jahren auch als „Nawi“-Membranen hergestellt, ein Akronym (Abkürzung) für Nicht abwickelbare Membran. Diese sind nicht linear gekrümmt und können des-halb nicht aus einer flachen Form durch „Rollen“ (Biegen) hergestellt werden. Solche Membranen sind besonders steif und beugen deshalb den sogenannten „Partialschwingungen“ vor. Das sind Verformungen des Membran-Konus aufgrund der Luftdruck-Schwankungen, besonders bei tiefen Tönen, wo sie zu kammfilterartigen Auslöschungen im Verlauf des Frequenzgangs führen.

Im Lautsprecherbau wurden in den 40er bis 70er Jahren als Magnetwerkstoff AlNi(Fe)Co verwendet. Das ist eine Legierung aus Aluminium (Al), Nickel (Ni), Cobalt (Co) und Eisen (Fe). Andere Zusammensetzungen waren CuNiFe (Kupfer, Nickel, Eisen) und CuNiCo(Fe) (Kupfer, Nickel, Cobalt und Eisen). Die Herstellung erfolgte z.B. durch Sintern.

Die Bewegung der Membran erfolgt durch die Lorentzkraft, hervorgerufen durch die stromdurchflossene Schwingspule innerhalb eines homogenen Permanentmagnetfeldes. Fließt durch die Schwingspule mit der Leitungslänge l ein Strom i (klein geschrieben da Wechselstrom), dann erfolgt eine Wechselwirkung mit dem Magnetfeld des Permanentmagneten. Es entsteht eine axial gerichtete Kraft F:

F = B * i * l

Hierin sind:

F : Kraft

B : Induktion des Permanentmagneten (bei AlNiCo max 1,5 Tesla bzw. 15000 Gauß)

i : Schwingspulenstrom in A

l : Windungslänge der Schwingspule in m

Die Membran ist mit der Schwingspule starr verbunden. Sie wird dadurch in axiale Bewegungen versetzt. In der umgebenden Luft werden Dichteschwankungen erzeugt, es entsteht Schall.

Die Randeinspannung einer Membran sowie eine Zentriermembran konzentrisch zur Schwingspule führen so exakt, dass die Schwingspule zu keinem Zeitpunkt Berührung mit dem Polkern des Magneten hat.

Die daraus resultierende Rückstellkraft und die Membranmasse bilden ein schwingungsfähiges System mit der Resonanz(kreis)frequenz:

w0 = SQR(D/M)

mit

w0: Resonanzkreisfrequenz in Hz (2pf)

D: Steife der Federung

M: Membranmasse incl. Randeinspannung, Zentriermembran und Schwingspule

SQR: Quadratwurzel (square root)

Die Resonanzfrequenz eines Lautsprechers hat in der Praxis eine große Bedeutung. Oberhalb ist die Schall-Leistung (weitgehend) unabhängig von der Frequenz. Unterhalb der Resonanzfrequenz fällt der Schalldruck mit ca. 12 dB pro Oktave ab; mit anderen Worten: Unterhalb wird praktisch kein Schall mehr abgestrahlt. Lautsprecher für tiefe Frequenzen müssen demnach eine möglichst tiefe Eigen-Resonanzfrequenz haben.

Neben AlNiCo(Fe) werden heute weitere Magnetwerkstoffe eingesetzt. Am häufigsten verwendet wird Hart-Ferrit.

Für ausgesprochene Spitzenerzeugnisse werden Magnete aus Neodym-Eisen-Bor (Nd2Fe14B) hergestellt. Das sind die derzeit stärksten Permanentmagnete, die es gibt. Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Ein NeodymBor-Magnet kann bis zum 1500fachen seines Eigengewichts tragen; wiegt ein Magnet z.B. 1 kg, dann kann er bis zu 1,5 Tonnen tragen; das ist mehr als ein VW Golf…..

2.3.0 Das Lautsprecher-Gehäuse

Zum Betrieb muss der Lautsprecher in einem Gehäuse eingebaut sein. Es gibt viele Wege, dies zu bewerkstelligen. Folgende Möglichkeiten sind u.a. gegeben:

1. Offene flache Schallwand

2. Offene abgewinkelte Schallwand (Radiogehäuse)

3. Geschlossenes Gehäuse (sogenannte HiFi-Box)

4. Bassreflex-Gehäuse (auch "ventilierter Lautsprecher“ genannt)

5. Transmissionline-Gehäuse (akustisches Labyrinth)

6. Hornlautsprecher (z.B. Grammophon-Trichter)

7. Bandpass-Gehäuse (für Bass-Lautsprecher)

u.a.

Heimradios verwendeten von Anfang an die offene, abgewinkelte Schallwand. Deshalb sollen hier die zu erwartenden Probleme erörtert werden. Erst viel später, mit der Einführung von Stereoanlagen, wurden Lautsprecher in geschlossene oder andere Gehäusetypen eingebaut.

2.3.1 Die offene Schallwand

Lautsprecher können ohne ausreichend große Schallwand keine tiefen Töne abstrahlen. Der Grund liegt beim akustischen Kurzschluß. Bewegt sich die Membran nach vorn, wird die vor dem Konus befindliche Luft komprimiert, gleichzeitig die rückwärtige Luft dekomprimiert = verdünnt. Da sich tiefe Frequenzen kugelförmig ausbreiten, treffen die von hinten und vorne abgestrahlten Schallwellen aufeinander und heben sich gegenseitig mehr oder weniger auf (180 Grad Phasenverschiebung), es wird keine Schall-Leistung erzeugt.

Wird der Lautsprecher auf eine Schallwand beliebiger Form montiert, verlängert sich der Weg und der akustische Kurzschluß verschiebt sich zu tieferen Frequenzen. Ist die Schallwand unendlich groß, ist ausschließlich die Lautsprecher-Resonanzfrequenz für die untere Eckfrequenz (= Grenzfrequenz) maßgebend..

2.3.2 Die offene, abgewinkelte Schallwand (Radiogehäuse)

Hinten offene Gehäuse ähneln in ihrer Wirkungsweise einer offenen Schallwand, deren Abmessungen der aufgefalteten Gehäusefläche entsprechen. Im Gegensatz zu flachen Wänden entstehen aber Resonanzen des Gehäusehohlraums. Je tiefer ein Gehäuse ist, desto ausgeprägter die Resonanzen (Orgelpfeifen-Effekt). Die, aus heutiger Sicht, mangelhafte Qualität üblicher Radioempfänger wird hierdurch mit verursacht!

Nordmende hatte, sicherlich unbewußt, 1953 bei der Vorstellung des damaligen Spitzengeräts 500-10 einen „treffenden“ Werbespruch gewählt … und dann hörte die hübsche Dame auch noch Kurzwelle, da war der Ton besonders (synästhetisch) bunt …(s. gedrückte Taste in Bild 17)

Den Mängeln der offenen Gehäuse begegneten die Radiohersteller mit ausgeklügelten Gegenkopplungstechniken im NF-Teil (s. Bild 67) und mit Namen wie Klangregister usw..

Unter der Überschrift

Die segensreiche Wirkung der HiFi-Technik in den Nordmende-Geräten wurde in der Zeitschrift „Am Mikrophon“ (Nordmende 1957, Heft 3, Seite 2)) die Wirkung des Klangregisters gezeigt:

Der Artikel bezog sich auf die Geräte Tannhäuser 58, Fidelio 58, Arabella 58 und Isabella 58. Nachfolgend der Frequenzgang der NF-Teile (nach Nordmende)

Die untere Grenzfrequenz liegt bei ca 60 Hz und die obere Grenzfrequenz bei ca 12.000 Hz (wenn man die Maxima als 0dB ansieht). Damit erfüllten die Geräte, zumindest nach der später eingeführten Norm DIN45500, die HiFi Norm, aber erst nach extremer Tiefen- und Höhenanhebung.

Man erkennt die Wirkung der gehörrichtigen Lautstärkeeinstellung (s. auch Kompendiumsbeitrag „Die gehörrichtige Lautstärkeeinstellung“). Nordmende verwendete dazu Lautstärkepotentiometer mit 3 Anzapfungen. Nachfolgende Skizze zeigt die Wirkung des Klangregisters.

Auch hier beginnt der Übertragungsbereich des NF-Verstärkers bei etwa 60 Hz und endet bei ca 20.000 Hz (Nordmende).

Rückansicht des Fidelio 58. Man erkennt 2 Breitband-Lautsprecher und ein Druckkammersystem mit 2 Exponential-Schallführungen.

Problematisch ist, dass die lauten Stellen im Frequenzgang überwiegend mittels frequenzabhängiger Gegenkopplung erzeugt werden. An diesen Stellen (ca 90 Hz und 15kHz) ist die Gegenkopplung schwächer gegenüber der leisen Stelle (ca 1000 Hz), wodurch die Verzerrungen in diesen Bereichen stärker sind.

Breitband-Lautsprecher müssen immer „hart“ eingespannte Membranen haben, sonst würde die Schwingspule bei „harten“ Bässen (z.B. Paukenschläge) anschlagen und das System zerstören. Die harte Einspannung ist aber gleichzeitig für die relativ hochliegende untere Grenzfrequenz mit verantwortlich (s. 2.5 ff). Aus musikalischer Sicht fehlen bei einem Radio mit fu = 100 Hz im Baßbereich ganze 2 ½ Oktaven !

Der Frequenzumfang eines Orchesters mit Kontrabässen beginnt, ohne Pauken, beim Ton E1 (41,2 Hz). Deshalb verwenden Radiosender auf UKW als untere Grenzfrequenz 40 Hz, bei einem alten Röhrenradio fehlte mindestens eine Oktave, meist aber noch mehr.

Eine mittlere Pfeifenorgel reicht im Pedal bis zum C1 (32,7 Hz) herunter, jetzt fehlen schon anderthalb Oktaven und große Pfeifenorgeln mit einem oder mehreren 32“-Registern beginnen bereits bei C2 = 16 Hz, es fehlen also mindestens 2 ½ Oktaven. Damals war die Technik halt noch nicht so weit …

2.3.3 Der Dopplereffekt von Breitbandlautsprechern

Breitbandsysteme neigen zum Dopplereffekt (Chr. Doppler, 1803 bis 1853, Physiker und Mathematiker, Wien), wenn tiefe und hohe Töne (über z.B. 2000 Hz) von einem Lautsprecher gleichzeitig wiedergegeben werden. Der Baß läßt die Membran mit großer Amplitude vor- und zurückschwingen. Kommt die Membran heraus, dem Zuhörer also entgegen, erhöht sich die Frequenz des hohen Tones, schwingt die Membran zurück, erniedrigt sie sich.

Mit anderen Worten: Der hohe Ton schwingt (fast) symmetrisch um seine genaue Frequenz herum, er wird „gewobbelt“! Dieser Effekt ist äußerst unangenehm, deshalb werden Lautsprecher für höhere Tongüten als 2-, 3- oder sogar 4-Wege Systeme gebaut.

Dazu werden elektronische Frequenzweichen, entweder passiv (Spulen und Kondensatoren) oder aktiv (Operationsverstärker mit RC-Filtern), benötigt. Bis etwa 1978 verwendete man dafür fast ausschließlich sogenannte Butterworth-Filter. 1978 stellte Siegfried Linkwitz einen neuen Filtertyp vor, das sogenannte Linkwitz-Riley-Filter. Dieser Filtertyp ist ein doppeltes Butterworth-Filter, dessen Grenzfrequenz nicht, wie allgemein üblich, bei -3 dB sondern bei -6 dB liegt.

Der wichtige Unterschied zwischen einem Standard-Butterworth- und dem Linkwitz-Riley-Filter liegt aber auf der Grenzfrequenz zwischen zwei Lautsprechersystemen wie z.B. Tiefton- und Mittelton- bzw. Mittel- und Hochtonbereich. Bei Butterworth-Filtern entsteht dort ein um 3dB erhöhter Schalldruck, während beim Linkwitz-Rily Filter die Amplitude konstant bleibt.

2.3.4 Das geschlossene Gehäuse

Völlig geschlossene Gehäuse entsprechen einer unendlich großen Schallwand (wenn das Gehäuse nicht mitschwingt z.B. durch Biegung); Lautsprecher dieser Art weisen deshalb sehr viel bessere Eigenschaften auf.

Leider wirkt die eingeschlossene Luft auf den Lautsprecher aber wie eine zusätzliche Federung. Dies erhöht die Eigenresonanzfrequenz beträchtlich und damit erhöht sich auch die untere Eckfrequenz auf etwa das doppelte.

Lautsprecher mit einer Freiluft-Resonanzfrequenz von 30 Hz erreichen in einem geschlossenen Gehäuse nur noch etwa 60 Hz untere Grenzfrequenz (-3dB).

Wie der Lautsprecher selbst hat auch das geschlossene Gehäuse mindestens eine, in der Praxis aber mehrere, Eigenresonanz(en), die mit langfaseriger Wolle bedämpft werden müssen.

Normalerweise kann dafür Glaswolle bzw. Mineralwolle benutzt werden. Als Gehäusematerial eignen sich besonders mindestens 22 mm starke MDF-Platten, aber KEINE Spanplatten !

Optimal ist ein geschlossenes Gehäuse, wenn sich mit Dämmwolle eine Lautsprecher-Resonanzgüte Qtc = 0,707 einstellt und die Lautsprecher-Resonanz mit der Gehäuse-Resonanz übereinstimmt (Thiele-Small-Parameter). Die Gehäusegröße ist dabei mit entscheidend: Ist das Gehäuse zu groß (!) oder zu klein, liegt die untere Grenzfrequenz in jedem Fall höher !

Die Bedämpfung hat einen weiteren, positiven Effekt: Sie reduziert die Schallgeschwindigkeit innerhalb des geschlossenen Gehäuses um ca 15 – 18%. Das reduziert die untere Grenzfrequenz auf:

frneu = fralt / SQR(340 / 280)

mit:

frneu in Hz = neue, zu erwartende untere Grenzfrequenz

fralt in Hz = Grenzfrequenz unbedämpft im geschlossenen Gehäuse

SQR(340/280) = 1,1 (SQR = Quadratwurzel)

340: Schallgeschwindigkeit im offenen Raum in m/s

280: Schallgeschwindigkeit im bedämpften, geschlossenen Gehäuse in m/s

Beispiel:

Geg: Tiefton-Lautsprecher mit Freiluft-Resonanz fres = 28 Hz

Nach Einbau in ein geschlossenes Gehäuse: fres = 50 Hz.

Nach Bedämpfung des Gehäuses mit ausreichender Menge von Glaswolle :

frneu = 50Hz / SQR(340 m/s / 280 m/s) => 50Hz / 1,1 = 45 Hz

Die untere Eckfrequenz beträgt mit Bedämpfung etwa 45 Hz

Erreicht dabei die Güte Qtc = 0,707, ist der geschlossene Lautsprecher optimiert und es wird die tiefst mögliche untere Grenzfrequenz erreicht.

2.3.5 Pseudobässe

Die Membran des Tiefton-Lautsprechers führt bei geschlossenen Gehäusen im Bassbereich große Hübe (bis zu mehreren cm) aus, wodurch der Klirrfaktor stark ansteigt. Großer Hub = große Auslenkung; dabei gerät die Schwingspule sehr schnell außerhalb des Bereichs des homogenen Feldes des Permanentmagneten und die Schall-Leistung wird begrenzt, was einer Abflachung der Bass-Spitzen hervorruft (Rechteck-Begrenzung = engl. „clipping“).

Abgeflachte Spitzen erzeugen laute 3. Harmonische, d.h. der geschlossene Tiefton-Lautsprecher erzeugt bei hoher Leistung „Pseudobässe“, bevorzugt mit der 3-fachen Frequenz

Beispiel:

Geg: Geschlossenes Gehäuse: Ton = C1 => 32,7 Hz.

Schon bei mittlerer Lautstärke fängt der Lautsprecher an zu begrenzen und erzeugt dabei 32,7 Hz x 3 = 98,1 Hz als Pseudobass.

Das menschliche Ohr ist bei 98 Hz (beginn des „Dröhnbereichs“) wesentlich empfindlicher als bei 32 Hz. Folglich hört er keinen Ton C1 mit 32,7 Hz mehr, sondern nur ein lautes G = 98,1 Hz, der im Original nicht enthalten ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass Musikinstrumente gleichschwebend (temperiert) gestimmt sind. Das bedeutet, dass z.B. die gespielte Orchester-Frequenz des Tones G anstatt 98,1 Hz etwa 99,4 Hz beträgt; die Differenz heißt „pythagoreisches Komma“ und es entsteht eine zusätzliche Rauhigkeit, wenn zum Bass eine höhere, temperierte Quinte gleichzeitig gespielt wird (Dissonanz). Harmonische = Verzerrungen => rein gestimmt!

Deshalb werden heute geschlossene Gehäuse mit Tieftönern kaum mehr verwendet. Anders sieht es bei Mittelton-Lautsprechern aus; hier ist das geschlossene, bedämpfte Gehäuse optimal, wenn die untere Grenzfrequenz des Mitteltöners samt seinem Gehäuse höchstens bei der Hälfte oder tiefer liegt. Ein guter Mitteltöner (z.B. ab fu = 300 Hz) sollte demnach eine Freiluft-Resonanzfrequenz von nicht mehr als etwa 75 Hz haben.

75 Hz Eigenresonanz => im geschlossen Gehäuse => 2 x 75Hz => 150 Hz = 0,5 x 300 Hz.

Oder anders ausgedrückt: fres ≤ fu / 4

fres = Mittelton-Freiluftresonanzfrequenz

fu = Untere Grenzfrequenz des Mitteltonkanals

Hersteller von Lautsprechern verwenden als „untere Grenzfrequenz“ den Wert, bei dem der Schalldruck des Tieftöners um 10 dB abgefallen ist, während Lautsprecher-Entwickler die üblichen 3 dB Abfall verwenden. In diesem Beitrag beziehen sich alle Grenzfrequenzangaben auf 3 dB Abfall.

2.3.6 Der „Transistorton“

Ähnliche Fehler wie bei geschlossenen Lautsprechern traten in den 60er und 70er Jahren beim Verwenden von Transistorverstärkern auf. Diese erzeugten in etwa die gleiche Lautstärke des Klirrfaktors wie Röhrenverstärker, aber es gab einen großen Unterschied: Der Klirrfaktor von Röhrenverstärkern hatte hauptsächlich quadratischen Charakter (wenn keine Begrenzung vorlag) , was zu Verzerrungen mit der 2., 4. usw. Harmonischen führte. Die hatte aber, sowohl in der natürlichen als auch in der temperierten Stimmung, immer den Faktor 2 bzw. 4 usw., es traten also Oberschwingungen auf, die „rein“ zum Grundton waren und diesen lediglich „aufhellten“, der sogenannte „Röhrenklang“ wurde definiert.

Anders beim Transistorverstärker. Halbleiter haben eine e ^ 3/2 – Kennlinie (lies e hoch drei halbe = logarithmische Kennlinie). Die erzeugt besonders starke harmonische Verzerrungen 3. und 5. Ordnung. Die Rauhigkeit trat also bei sämtlichen Tönen einer (temperierten) Darbietung auf, was zum Schlagwort „Transistorton“ geführt hat. Das ist der Grund, warum ewig jung gebliebene Röhrenfans Transistorverstärker mit Bausch und Bogen ablehnen.

Heute ist es möglich, den Klirrfaktor von Transistorverstärkern unter 0,01% zu drücken, was mit Röhrenverstärkern nicht gelingt. Dies sind zwar immer noch harmonische Verzerrungen 3. Ordnung, aber so schwach, dass die Hörbarkeit unmöglich ist. Wer etwas anderes behauptet, der belügt sich selber!

Untersuchungen haben nämlich ergeben, dass selbst musikalisch ausgebildete Menschen, Klirrfaktoren unter 0,5% nicht mehr wahrnehmen können; hier wirkt der sogenannte „Verdeckungseffekt“, d.h. leise akustische Feinheiten werden ab einer bestimmten Lautstärkedifferenz zu den viel lauteren Grundtönen nicht mehr wahrgenommen = verdeckt. Dies wird heutzutage intensiv von den digitalen MP3- und AC3-Codierern ausgenutzt.

2.3.7 Das Baßreflexgehäuse

Ein bedämpftes, geschlossenes Gehäuse hat einige Nachteile wie schlechter Wirkungsgrad und große Membranauslenkung bei tiefen Frequenzen. Es ist ein System 2. Ordnung und entspricht somit einem (stark bedämpften) Parallel-Schwingkreis.

Wesentlich günstigere Eigenschaften erhält man, wenn der Parallelschwingkreis „Lautsprecher“ auf einen weiteren Kreis koppelt, also ein zweiter Schwingkreis hinzugefügt wird. Dann erhält man ein System 4. Ordnung, entsprechend einem 2-kreisigen Bandfilter.

Dazu wird das Gehäuse mittels eines zusätzlichen Luftkanals zu einem „Helmholtz“ Resonator erweitert. (H. L. F. von Helmholtz, 1821 bis 1894, Physiker).

Durch die genaue Abstimmung des Gehäuses sowohl mit der Eigenfrequenz des Tieftöners als auch der Kreisgüte Q (Gehäusegüte mit Dämm-Material eingestellt) erhält man einen Lautsprecher, dessen untere Eckfrequenz bei der Freiluft-Resonanzfrequenz des Lautsprechers liegt. Zusätzlich entzieht der 2. Schwingkreis, das Gehäuse, dem Lautsprecher bei der Gehäuse-Resonanzfrequenz Energie, was zu einem minimierten Membranhub und damit zu einem Klirrfaktorminimum führt.

Im Bereich der unteren Grenzfrequenz findet die Schallabstrahlung überwiegend aus der sogenannten „Reflexöffnung“ statt, also nicht direkt vom Lautsprechersystem.

Hat die Bassreflexöffnung einen zu kleinen Durchmesser (zu kleiner Querschnitt), wird bei hohen Lautstärken mit starken Bässen diese Öffnung nicht mehr genügend Luft hindurch lassen, das Gehäuse verhält sich wie ein geschlossenes Gehäuse und die untere Grenzfrequenz wird auf etwa die doppelte Frequenz ansteigen. Um dies zu verhindern, sollte das Verhältnis zwischen Lautsprecher-Membran-Durchmesser und Reflexöffnung nicht größer sein als 3,5.

Man kann ein Bassreflex- System weiter verändern, indem die Gehäuse-Resonanz rund ¾ einer Oktave tiefer gelegt wird als die Resonanzfrequenz des Lautsprecher-Chassis. Der dann auftretende Schalldruckabfall wird mit einem aktiven Hochpass (!) 2. Ordnung (s. Bild 31b) exakt ausgeglichen. Hat der Lautsprecher eine Eigenresonanz von z.B. 28 Hz, erreicht man durch diese Maßnahme eine 3dB-Eckfrequenz von rund 16 Hz ! Der Lautsprecher hat bei dieser Frequenz ebenfalls den kleinsten Membranhub und die Verzerrungen sind äußerst gering.

Wegen des geringen Klirrfaktors klingen die Bässe mit einem solchen Lautsprecher scheinbar leiser, weil die Abstrahlung der Pseudobässe vollständig fehlt. Derartig tiefe Frequenzen werden nicht mehr „gehört“ sondern „gefühlt“.

Ein derartiges System wurde erstmals von Thiele 1975 beschrieben, ein solcher Lautsprecher ist ein System 6. Ordnung, man benötigt dafür ein Tieftonchassis mit Qts ≤ 0,45. Nachfolgend ein Beispiel für ein Eigenbauprojekt (aus dem Jahre 2001):

Bild 23: Die Frontmaße (Maße in mm)

Bild 24: Seitenansicht. 200mm-Tieftonlautsprecher in Compound Anordnung (s. 2.3.8)

Bild 25 Rohlinge der Mitteltongehäuse aus Kanalrohr DN 125 und 16/19 mm MDF Plattenmaterial

Bild 26 Fertige Mitteltongehäuse für fu = 300 Hz (bedämpft)

Bild 27: Rohling der Frontwand mit Compound-Halterung der Tieftöner (DN 200 Kanalrohr).

Bild 28: Rohlinge der Gehäuse aus MDF mit 2 Baßreflexrohren DN 75 (Abflußrohr grau)

Bild 29: Innenbestückung mit Wandbedämpfung für Qg = 7

Bild 30: Noch ungestrichene, aber ansonsten fertige Front-Lautsprecher (eines 5.1 Surround-Systems). Mittel- und Hochtonlautsprecheranordnung nach Dr. Joseph d’Appollito (USA)

Diese Lautsprecher sind hochpass-gefilterte 3-Weg-Compound-Aktivlautsprecher mit einer unteren 3dB-Eckfrequenz von 24 Hz. Die Frequenzweichen sind subtraktive, laufzeit-korrigierte Linkwitz-Riley Filter 4. Ordnung (24 dB Flankensteilheit) mit Trennfrequenzen bei 300 Hz und 4000 Hz.

Die Gesamtleistung beträgt 150 Watt (Sinusdauerton).

Nachfolgend das dazugehörende Steuergerät in 19“ Ausführung. Die Beschriftung ist in Englisch, da die Anlage für einen britischen Freund aus London konstruiert wurde.

2.3.8 Der Compound (Isobarik) Lautsprecher

Der Begriff stammt von der Compound-Dampfmaschine, eine Erfindung von James Watt in Großbritannien. Man versteht hierunter die Verdoppelung des Antriebs an derselben Achse.

Im Fall des Compound-Lautsprechers befinden sich nahe hintereinander 2 Tieftonlautsprecher, die sich z.B., wie in Bild 24 gezeigt, innerhalb eines Hart-PVC-Rohres DN 200 befinden. Werden die Lautsprecher „Rücken an Rücken“ oder „Front an Front“ montiert, heben sich die durch Verformung der Membranen entstehenden Verzerrungen tiefer Töne weitgehend auf. (Partialschwingungsarm)

Außerdem muss das Gehäuse nur noch halb so viel Volumen haben, wie bei der Verwendung eines einzelnen Lautsprechers. Bild 24 zeigt ein solches System mit rund 60 Liter Volumen. Ohne Compound-System wären 120 Liter notwendig gewesen.

Der Isobarik-Lautsprecher wurde von H.F. Olson bereits Anfang der 50er Jahre vorgestellt. Isobarik bedeutet „konstanter Druck“.

Compound Bestückung kann sowohl in geschlossenen-, Bassreflex- und Bandpassgehäusen verwendet werden.

2.3.9 Die Tief- und Mitteltöner des Selbstbauprojekts

Die Tieftonlautsprecher sind 2 antiparallel geschaltete Visaton W 200 S mit je 8 Ohm. Das System ist 6. Ordnung mit einem Hochpassfilter 2. Ordnung.

Ausschnitt aus der Schaltung der Frequenzweiche: Linkwitz-Riley-Tiefpaß 4. Ordnung (IC 2a + 2b) und Tiefton-Korrektur-Hochpaß 2. Ordnung (IC5a). Die Widerstände und Kapazitäten: 0,5% Toleranz. Untere 3dB Grenzfrequenz der Gesamtanlage: 24 Hz. Klirrfaktor K2: < 0,01% (nicht Messbar), Klirrfaktor K3 ~ 0,01% (im Rauschen), Rauschabstand: 118 dB unbewertet (linear), Brummabstand (100Hz) > 130 dB (nicht Messbar). OP: selektierte NE 5532AP

Frequenzgang des Hochpassfilters n = 2. Die Frequenzachse ist normiert, 1 bedeutet 1 x 25 Hz,

2 => 2 x 25 Hz = 50 Hz usw. Die Funktion entspricht bis zu deren Grenzfrequenz genau dem umgekehrten Verlauf des Schalldrucks des tiefer abgestimmten Bassreflexgehäuses.

Der Frequenzgang und der Membranhub der Tieftöner. Unterhalb der Grenzfrequenz folgt der Membranhub dem Verlauf der Hochpassfunktion. Die Frequenzachse ist normiert (s. Bild 31b). Das Bild stammt aus der Entwicklung, deshalb wurde darin „rumgemalt“ …

Schaltung mit Dimensionierung des Tiefton-Hochpassfilters. vu = 1 => 0 dB. Ebenfalls mit „Entwicklungsmalerei“.

2.3.10 Mittel- und Hochtöner (des Selbstbauprojekts)

Die Graphik zeigt den gemessenen Verlauf der Impedanz eines Mitteltöners (Bild 10) mit seinem typischen Anstieg nach hohen Frequenzen hin. Nach der Kompensation sieht der Frequenzgang folgendermaßen aus:

Kompensierter Impedanzverlauf der Mitteltöner. Die Resonanzfrequenz des Lautsprechers liegt bei 50 Hz. Nach der Regel in Kapitel 2.3.5 fres ≤ fu / 4 war dieser Lautsprecher für 300 Hz untere Grenzfrequenz geeignet. Es war ein Restposten für nicht mehr als 7,- DM pro Stück (Ende der 90er Jahre)…

Die Korrekturschaltungen der Mitteltöner.

Frequenzgang des unkorrigierten Mitteltonlautsprechers. Nach der Korrektur verläuft der Graph gerade (= waagerecht) zwischen 300 Hz und 6 kHz. Die wellenförmigen Scheitel sind Raumresonanzen der Werkstatt.

Sämtliche Lautsprechergruppen haben eigene NF-Endstufen, d.h. pro Lautsprechergehäuse 3 unabhängige Endstufen mit zusammen 150 Watt Sinusdauertonleistung.

2.4.0 Thiele-Small-Parameter

1951 haben der Australier A. N. Thiele und der US-Amerikaner R. H. Small das mathematische Modell eines elektrischen Lautsprecher-Ersatzschaltbildes beschrieben, das in der Folgezeit grundlegende Änderungen bei der Dimensionierung von Lautsprechern brachte. Zuvor wurden Lautsprecher ausschließlich mit Erfahrungswerten gebaut, die mehr auf Glauben als auf Wissen beruhten.

In den Folgejahren wurde das Lautsprecher-Modell kontinuierlich erweitert (Beranek 1954, Jordan 1963, Gander 1981 u.a.). Bemerkenswert ist, dass diese Entwicklung in Deutschland zunächst weitgehend verschlafen wurde. Firmen, die den Begriff „HiFi“ auf ihre Fahnen geschrieben hatten, lieferten in den 60er und 70er Jahren noch Lautsprecher, die keinesfalls optimiert waren.

Um es ganz deutlich zu sagen:

Ohne Kenntnisse (und Anwendung) der Thiele-Small-Parameter (TS) kann grundsätzlich kein „guter“ Lautsprecher konstruiert werden.

2.4.1 Messgeräte für TS-Messungen

Bild 32: Messeinrichtung zur Ermittlung der Lautsprecher-Parameter von Hand:

Die Ausgänge bedeuten:

X = X-Eingang Oszilloskop

u1 = Analoges Zeigerinstrument: Spannung des Generators (RV 55 oder 56)

Rs = digitales Ohmmeter für Lautsprecher-DC-Widerstand

Y = Y- Eingang Oszilloskop

u2 = Analoges Zeigerinstrument: Spannung am Lautsprecher (RV 55 oder 56)

Bild 33: Messeinrichtung für handbetriebene TS-Messungen von vorne

Bild 34: Ansicht der Rückwand mit den Anschlüssen zum Voltmeter und zum Oszilloskop.

Bild 35: Innenaufbau des Messzusatzes. Der (gelbe) Kondensator hat genau 10µF und dient zum Messen der Lautsprecher-Induktivität (ist in Bild 32 nicht enthalten)

Das nächste Bild zeigt einen PC-gesteuerten automatischen Messplatz für TS, Frequenzgang und weitere Messungen mittels Rauschimpuls (MLS-Signal = Maximum Length Sequence = pseudozufälliges Rauschsignal, gebaut 2000) (s. 2.4.5)

Bild 36: Zur Durchführung der Messungen ist in jedem Fall ein Halbleiter-Leistungsverstärker mit mindestens 20 Watt Sinus-Dauertonleistung erforderlich. Dessen Innenwiderstand muss sehr klein sein, damit unter allen Umständen immer die gleiche Ausgangsspannung lastunabhängig zur Verfügung steht. Außerdem muss er ab 10Hz (besser ab 5 Hz), linear und phasenstarr verstärken (mit weniger als ± 0,1 dB Amplituden- und weniger als 5° Winkelabweichung). Derartige Forderungen können mit Röhren-Endstufen nicht erreicht werden !

Bild 37: Schaltung eines Messverstärkers mit dem IC TDA 2055 von SGSThomson.

Bild 38: Platinen-Lay-Out von der Bestückungsseite aus gesehen (Entwicklungsmuster)

Bild 39: Platine von der Lötseite aus gesehen (Entwicklungsmuster)

Bild 40: Teilweise bestückte Platine. Das Leistungs-IC wird zuerst auf dem Kühlkörper befestigt und dann verlötet (Entwicklungsmuster).

2.4.2 Messung

Folgende Parameter sind zur Konstruktion von Lautsprechergehäusen mindestens erforderlich. (Sie werden durch Messung am frei hängenden Lautsprecher ermittelt)

1. Freiluftresonanz fs in Hz

2. Gesamtgüte Qts

3. Betriebsgüte Qtc

4. Äquivalenzvolumen Vas in Liter (Messung im geschlossenen, unbedämpften Gehäuse)

5.Gleichstromwiderstand R

Daraus lassen sich u.a. folgende Größen errechnen:

1. Gehäusevolumen in Liter

2. Wirksames Volumen mit Bedämpfung in Liter

3. Untere 3 dB-Grenzfrequenz in Hz

4. Betriebsgüte Qtc im Gehäuse

5. Frequenz-Kompensation der Lautsprecherimpedanz Z und anderes mehr.

2.4.3 Weitere erforderliche (Mess)instrumente

Zum Messen der TS-Parameter und Frequenzgang der Impedanz von Hand werden folgende (meist analoge) Instrumente benötigt:

1. 2 Wechselspannungsvoltmeter. NICHT digitale Anzeige sondern analoge Zeigerinstrumente (wegen „Trendanalyse“)

2. Elektronenstrahl-Oszilloskop.

3. Digitaler Frequenzzähler

4. Sinusgenerator 10Hz bis 20 kHz

5. Messmikrophon mit einem Frequenzbereich zwischen 20Hz und 20 kHz (± 2 dB oder besser)

6. Digitaler Widerstandsmesser.

7. Ein Taschenrechner oder besser ein PC mit einem entsprechenden TS-Programm.

Bild 41: Sennheiser RV 55 und RV 56 zur Anzeige der Messsignal-Amplitude.

Ein Instrument misst die (konstante) Ausgangsspannung der Mess-Endstufe, das zweite die Spannung am Lautsprecher.

Bild 42: Das Oszilloskop ist nicht unbedingt notwendig, es hilft aber erheblich bei der exakten Messung der Lautsprecher-Resonanzfrequenz mit Hilfe einer Lissajous-Figur (s. 2.4.4).

Bild 43: Der Sinusgenerator liefert die Messfrequenz mit konstanter Amplitude. Das gezeigte Gerät ist ein sogenannter Schwebungssummer aus der ehemaligen DDR. Die Ausgangsfrequenz entsteht durch Mischen zweier HF-Signale, wovon eins fest ist und das zweite variabel. Dadurch ist der Klirrfaktor gering (< 0,05%)

Bild 44: Am Frequenzzähler wird die genaue Frequenz des Sinusgenerators abgelesen.

Die Messgeräte werden NICHT benötigt bei der Messung mit dem PC-Messplatz.

2.4.4 Die Lissajous-Figuren

Mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop lassen sich Figuren erzeugen, die einen direkten Zusammenhang zwischen der Phasenlage (Winkel) zweier Spannungen zeigen. Diese Lissajousschen Figuren sind ein sehr gutes Hilfsmittel zur direkten Anzeige der exakten Resonanzfrequenz eines Lautsprechers. Dazu müssen die Generatorspannung von der Leistungsendstufe des Messverstärkers an den X-Eingang (Zeitachse) und die Spannung am Lautsprecher an den Y-Eingang angeschlossen werden. Der Lautsprecher ist bei seiner Resonanzfrequenz ein Parallelschwingkreis und der Winkel der anliegenden Spannung läuft von –n Winkel) Grad über Null bis +m (Winkel) Grad.

Die Größen von n und m sind abhängig vom Wert des Vorwiderstandes (Messwiderstand), er beträgt in diesem Fall 1 KOhm. Wäre er unendlich groß, dann wären n –90 Grad und m +90 Grad.

Bild 45: Phasenwinkel annähernd 0 Grad => Resonanzfrequenz eines Lautsprechers.

Bild 46: Phasenwinkel etwa 45 Grad

Bild 47: Phasenwinkel etwa 90 Grad

Bild 48: Phasenwinkel etwa 135 Grad

Bild 49: Phasenwinkel etwa 180 Grad Bei Resonanz hat die Figur ein scharfes Minimum (s: Bild 45). Damit läßt sich die Resonanzfrequenz auf Stellen hinter dem Komma genau ermitteln.

Zur genauen Anzeige der Frequenz bietet sich ein sogenannter „Scaler“ an, das ist eine phasenrein synchronisierte PLL-Schaltung, welche die Frequenz einer Wechselspannung z.B. verhundertfacht. Dadurch zeigt ein digitaler Frequenzzähler Frequenzen z.B. mit 1/100 Hz Genauigkeit an (bei 1 Hz-Zeitbasis).

2.4.5 Die automatische Messung mit einem pseudo-zufälligen Rauschsignal (MLS)

Die Verwendung eines PC-gesteuerten Messsystems (s. Bild 36) ermöglicht das Messen mit schmalen (zeitlich kurzen) Impulsen. Dadurch werden andere, zufällige Geräusche der Testumgebung wirkungsvoll unterdrückt.

Beim MLS-Signal wechseln die Werte pseudo-zufällig zwischen zwei Zuständen. Es ist

1. exakt reproduzierbar

2. periodisch mit genau definierter Periodendauer

Es entspricht einem zeitdiskreten weißen Rauschen und hat damit dessen Leistungsspektrum. Während weißes Dauerrauschen aber Lautsprecher zerstören kann, ist der zeitlich kurze MLS-Impuls weitgehend unschädlich.

Die Auswertung erfolgt mathematisch über die FFT (Fast-Fourier-Transformation).

Eine Fourier-Transformation ist ein mathematisches Verfahren, das Daten aus der Zeitebene in die Frequenzebene überführt. Das bedeutet im Klartext, dass ein empfangener Impuls (vom MLS-Generator) mittels der Fourier-Transformation z.B. als Frequenzgang oder Phasengang graphisch ausgewertet werden kann.

Das Verfahren geht zurück auf den Franzosen J. B. J. Fourier (1768-1830). Mittels der Fourier-Reihen lassen sich auch die Teilschwingungen z.B. eines Rechtecksignals genau bestimmen. Daher weiß man z.B., dass ein geclipptes Sinussignal (s. geschlossenes Gehäuse) hauptsächlich ungerade Harmonische beinhaltet (K3, K5, K7 usw.).

Das Messverfahren mittels eines MLS-Impulses geht m.W. zurück auf S. P. Lipshitz und J. Vanderkooy (1985) .

2.5.0 Die Messung eines Lautsprechers der 50er Jahre

Nachfolgende Messungen erfolgten mit dem Lautsprecher aus dem Nordmende Mittelsuper 350-10. Es ist ein ovaler Breitbandlautsprecher von Isophon, hergestellt 1953, also ein typischer Vertreter der beginnenden guten alten Wirtschaftswunder-Zeit. Die Messung der Eigenresonanz erfolgte auf 2 Arten:

1. Analog : Oszilloskop, Frequenzzähler, Sinusgenerator, Messverstärker, TS-Messeinrichtung 2. Mit MLS-Impuls (s. Bild 36)

Der Frequenzgang wurde ausschließlich mit dem automatischen MLS-Messplatz ermittelt.

2.5.1 Messung der Lautsprecher-Resonanzfrequenz sowie der Impedanz Z

Bild 50 Der Lautsprecher des Nordmende 250-9 und 350-10 (aus dem Jahre 1953)

Zum Messen der Eigenresonanz wurde er frei an der Raumdecke aufgehängt:

Bild 51

Die Messung erfolgte zuerst mit analogen Messgeräten (mit Ausnahme des digitalen Frequenzzählers), die Resonanzfrequenz wurde mittels Lissajous-Figur mit dem Oszilloskop bestimmt.

Bild 52: Lissajous Figur bei 108 Hz

Die genaue Frequenzmessung begann oberhalb der Resonanz bei 108 Hz:

Bild 53: Die Resonanz lag bei 102 Hz:

Bild 54 Lissajous-Figur bei Resonanz Hinweis: Die Strahlschärfe des Oszilloskops wurde absichtlich leicht unscharf eingestellt, um die Abbildung auf dem digitalen Photo zu verbessern.

Bild 55

Anschließend erfolge die Impedanzmessung mittels eines MLS-Impulses (s. Bild 36).

Bild 56

Bild 56a

Im Gegensatz zur analogen Messung zeigt die MLS-Impulsmessung sowohl die Resonanzimpedanz Z = 39,5 Ohm als auch die Resonanzfrequenz fs = 102,8 Hz an. Der Frequenzbereich der Messung geht von 20 Hz bis 20.000Hz, die Messdauer betrug weniger als 0,5 Sekunden.

Der Graph zeigt deutlich, dass die Impedanz des 5 Ohm Lautsprechers (ablesen bei 1kHz) nach hohen Frequenzen hin stark ansteigt, d.h. ab ca 2 bis 3 kHz herrscht, wie um 100 Hz, eine Fehlanpassung zwischen Endröhre und Lautsprecher mit steigender Tendenz. Diese Eigenschaft haben alle Lautsprecher ohne Ferrofluid (… das schwächste Glied in der Kette…!).

Der Anstieg von Z nach hohen Frequenzen hin kann mit einem RC-Glied kompensiert werden (s. 31f). Auf die Abstrahlcharakteristik (Schalldruck) bei hohen Frequenzen hat die Kompensation keinen Einfluß, aber beim Betrieb über eine passive Frequenzweiche benötigt diese als Abschluß eine rein ohmsche Impedanz.

Unterhalb der Eigenresonanz wird der Schalldruck stark abfallen, die Impedanz beträgt bei tiefen Frequenzen ca Rg = 3,9 Ohm, das entspricht dem Gleichstromwiderstand der Schwingspule. (s. Bild 31e). Eine Hilfsregel besagt: Die Lautsprecherimpedanz beträgt bei 1 kHz etwa Rg x 1,25

2.5.2 Die Frequenzgang-Messung ohne Gehäuse (Freiluft-Messung)

Das nächste Bild zeigt den Aufbau für die Frequenzgang-Messungen ohne Gehäuse:

Bild 57

Der Lautsprecher wurde freischwebend mit etwa 1,5 m Abstand zur Raumwand und in Tischhöhe über dem Boden an ein waagerechtes Brett geklemmt, das Messmikrophon befand sich in 20 cm Entfernung; dies entspricht einer Nahfeldmessung, um Reflexionen der Umgebung zu verringern.

Bild 58

Der Frequenzgang wurde 2 Mal gemessen, einmal von 10 Hz bis 2000 Hz und von 20 Hz bis 20.000 Hz. Die dargestellten Graphen sind der Mittelwert von jeweils 5 Einzelmessungen.

Die erste Messung zeigt deutlich den stetig abfallenden Schalldruck unter etwa 100 Hz, bei 40 Hz ist er bereits um 20 dB abgefallen.

Bild 59

Die zweite Messung zeigt den Abfall bei hohen Frequenzen oberhalb von etwa 6000 Hz. Zwischen 400 Hz und 6000 Hz wäre dieser Lautsprecher ein brauchbarer Mitteltonlautsprecher, die Welligkeit in diesem Bereich beruht auf Raumreflexionen..

Die Bilder zeigen deutlich die Schwachstelle hart eingespannter Lautsprecher mit geringer Membranmasse; deren Eigenresonanz liegt hoch und damit auch die untere Grenzfrequenz.

Das besondere an dem Lautsprecher ist, dass der zu erwartende Einsatz der Tiefenverluste aufgrund des akustischen Kurzschlusses (s. 2.3.1) mit der Eigenresonanz zusammenfällt.

2.5.3 Der Frequenzgang im Radiogehäuse

Die nächsten Bilder zeigen den Amplitudenverlauf, wenn der Lautsprecher im dafür bestimmten Radiogehäuse eingebaut ist.

Bild 60

Der Abfall der Tiefen hat sich erwartungsgemäß nicht verändert. 100 Hz ist und bleibt die untere Grenze. Ab 250Hz tritt eine Überhöhung des Schalldrucks auf (Gehäuseresonanz !).

Bild 61

Der Abfall der Höhen ist ebenfalls unverändert. Im mittleren Frequenzbereich, bei 1kHz und 2,2 kHz machen sich ebenfalls Hohlraumresonanzen durch „Absorptionslücken“ bemerkbar.

2.5.4 Frequenzgang mit dem Röhrenverstärker des Radios

Das nächste Diagramm zeigt das Zusammenspiel von Röhrenverstärker und Lautsprecher.

Bild 62: Frequenzgang des EL41-Verstärkers mit Lautsprecher

Der Verstärker arbeitet mit einer starken Tiefenanhebung. Der Höhenabfall hat sich nach etwa 8000 Hz verschoben.

Bild 63: Frequenzgang des Verstärkers ohne Lautsprecher.

Hier wird deutlich, dass die Tiefen um 100 Hz bis zu 20 dB lauter sind als 1 kHz. Die gehörrichtige Einstellung war 1953 noch nicht so weit, dass auch die Höhen ausreichend korrigiert wurden. Die extreme Tiefenanhebung ergibt bei Zimmerlautstärke einen „satten“ Klang, führt aber schon bei nur geringen Lautstärke-Zuwächsen sehr bald zu Rechteckverzerrungen (Begrenzung), da die Endstufe nur etwa 3,9 Watt Leistung an den Lautsprecher liefern kann.

Bezogen auf 1 kHz liegt die untere Grenzfrequenz des Verstärkers durch die Baßanhebung wesentlich tiefer als 20 Hz, mit einer sichtbaren (und hörbaren!) „Beule“ um 100Hz.

Um den Endverstärker nicht zu übersteuern, wurde der Pegel bei der Messung so eingestellt, dass ca 2 Watt bei 100Hz erzeugt wurden. Die durch die frequenzabhängige Gegenkopplung starke Absenkung der Mitten und Höhen verursacht oberhalb von 1 kHz ein hochfrequentes Rauschen, d.h. die Endstufe steht bei hohen Frequenzen kurz vor der Selbsterregung (!), ein Problem, das alle Röhrenendstufen mit Gegenkopplung über den Ausgangstransformator haben (Phasendrehungen). Deshalb entstand der „Frequenzbesen“ oberhalb von 1000 Hz.

Die Graphiken wurden mit 4096 Schritten auf der Zeitachse und 12 Bit (4096 Schritte) Auflösung der Y-Achse (Spannung bzw. Schalldruck und Impedanz) erstellt.

2.5.5 Bilder vom Messobjekt

Bild 64: (gemessen wurde mit der original Rückwand)

Das Messobjekt wurde zuerst von Grund auf restauriert. Alle Elektrolyt- und Folienkondensatoren wurden ersetzt. Die Röhren wurden erneuert, der Staub restlos beseitigt. (Ein Glück war, dass das Gerät von Nichtrauchern stammte !)

Bild 65: Frontansicht des Messobjekts. Das Gehäuse ist bereits restauriert, der Lautsprecher-Bespannstoff wird noch ersetzt, er blieb original erhalten, um das Gerät in seinem Ur-Zustand zu messen.

Bild 66: Der Messaufbau: Gemessen wurde mit 1m Abstand zwischen Gerät und Messmikrophon.

Zum Abschluß noch die NF-Stufen des Radios; die Endröhre EL 41 liefert maximal 3,9 Watt, bei höheren Leistungen ist der Klirrfaktor bereits unerträglich hoch (über 10%).

Bild 67: Die Bauteile C87, C86, C84, C83, C76, R67, R57, R55, R54, R53, nicht überbrückter Kathodenwiderstand R52, R44 sowie die zweite Sekundärwicklung am Ausgangstrafo stellen die frequenzabhängige Gegenkopplung her. C84 erzeugt bei UKW und Tonabnehmer eine leichte Höhenanhebung bei ca 6 kHz (beim gemessenen Gerät ca 3 dB = leichte Formantanhebung).

Die Gegenkopplung ist teilweise lautstärkeabhängig (über C87 und R44): Kleine Lautstärke = starke Gegenkopplung = minimale Verzerrungen = maximale Baßlautstärke . Maximale Lautstärke = Gegenkopplung gering (nahe null) = höherer Klirrfaktor, aber keine zusätzliche Baßanhebung mehr.

Die frequenzabhängige „Hauptgegenkopplung“ (vom Ausgangstrafo) über RC-Glieder zum Gitter der Triode EABC 80 ist mittels R45 (200 kΩ) weitgehend von der Stellung des Lautstärkepotentiometers (R 43) entkoppelt und immer wirksam.

C77 (250pF von der Anode der EABC 80 nach Masse) sowie C79 (2000 pF an der Anode der EL 41) heben die Höhenanhebung durch Tiefpaß-Wirkung größtenteils wieder auf.

C82, C81, C80 sowie R51 und das Potentiometer R50 bilden eine einstellbare Tonblende hell/dunkel durch Gegenkopplung ausschließlich hoher Frequenzen oberhalb von etwa 800 Hz. dunkel = max Gegenkopplung = minimaler Klirrfaktor, hell = minimale Gegenkopplung = maximaler Klirrfaktor.

Diese Schaltungsvariante heißt „Multigegenkopplung“ oder „mehrfache Gegenkopplung“. Sie wurde 1953 bei Nordmende-Geräten zum ersten Mal angewandt. Mehrfach-Gegenkopplung gilt bis heute als das „Non-Plus-Ultra“ zur Verzerrungsreduzierung., allerdings nicht als frequenzabhängige sondern ausschließlich frequenzunabhängige Gegenkopplung.

Der Kondensator C79 kompensiert „aus Sicht“ der EL41 etwas die nach hohen Frequenzen ansteigende Lautsprecher-Impedanz (s. Bild 56), das verhindert u.U. auftretende Spannungsüberschläge in der Röhre, an deren Sockel sowie im Ausgangstransformator bei lauten, hohen Tönen (besonders bei „weißem“ UKW-Rauschen !), dreht aber gleichzeitig die Phase bei hohen Frequenzen (s. Diagramm mit „Frequenzbesen“, Bild 63). Dieser Kondensator ist von Nordmende nicht optimal gewählt geworden, er müßte mit einem ohmschen Reihenwiderstand, als sog. Boucherot Glied (lies: Bokeero), versehen sein.

2.6.0 Zusammenfassung

Der im Kapitel 2.3.1 und 2.3.2 erwähnte akustische Kurzschluß bei tiefen Frequenzen hat sich bestätigt. Die frequenzmäßig hoch einsetzende starke Baßanhebung von bis zu 20 dB im Dröhnbereich ab 100 Hz, brachte zwar bei kleineren Lautstärken einen voluminösen Klang, die geringe Ausgangsleistung der Röhrenendstufen setzte dem aber sehr früh unüberwindliche Grenzen.

Aus diesem Grund wurde früher die frequenzabhängige Gegenkopplung teilweise (oder ganz z.B. beim Nordmende 258 W von 1950) an das „kalte“ Ende (erdseitig) des Lautstärke-Potentiometers geführt. Je lauter eingestellt wurde, desto weniger wurde gegengekoppelt. Das wiederum entlastete die Röhrenendstufe, weil sie bei höheren Lautstärken weniger Bässe zu verarbeiten hatte. Diese Klangverschiebung entsprach in etwa der gehörrichtigen Lautstärkeeinstellung, brachte aber zusätzlichen Klirrfaktor wegen des abnehmenden Gegenkopplungsgrads bei höherer Lautstärke..

Das im gleichen Jahr (1953) von Nordmende herausgebrachte Spitzengerät, der 500-10 (s. Bild 17) verwendete als Endröhre eine EL 12 mit 8 Watt Ausgangsleistung. Erst 5 Jahre später wurden in den Spitzengeräten Gegentaktendstufen mit zunächst 2 x EL84 eingesetzt (z.B. Nordmende Tannhäuser, Loewe Opta Hellas u.a.), die Leistungen bis 12 Watt (bei Gegentakt-A-Betrieb) ermöglichten; die Kostenbremse hat aber schon sehr schnell die Gegentaktendstufen wieder in die Versenkung geschickt. Erst mit Einführung der HiFi-Anlagen wurde die Gegentaktendstufe wieder ausgegraben.

Alle Geräte mit offenen Gehäusen hatten bzw. haben das generelle Problem, dass keine tiefen Frequenzen abgestrahlt werden konnten, weil an den Gesetzen der Physik kein Weg vorbei führt. Der akustische Kurzschluß ist bei Radios allgegenwärtig. Da ausnahmslos Lautsprecher mit hart eingespannten Membranen (Breitbandsysteme) verwendet wurden und selbst die größten Geräte räumlich beschränkt waren, lag die untere Frequenzgrenze (-3dB) bei allen zwischen etwa 100 und 80 Hz.

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